Das Thema in 15 Sekunden
Bei aller Sorgfallt, auch den Besten können Fehler unterlaufen.
Angestellte Ärzte sind über ihren Arbeitgeber versichert, falls sie einen Patienten falsch behandeln und dadurch schädigen. Für grobe Fahrlässigkeit muss der Arbeitgeber nicht einstehen, auch nicht für ärztliches Tun außerhalb des Jobs.
Die Berufsordnung verpflichtet den Arzt, sich ausreichend gegen Haftpflichtansprüche zu versichern.
Absicherungsmotive
Im BGB heißt es sinngemäß: wer schuldhaft einen Schaden verursacht muss Schadenersatz leisten. Mit seinem jetzigen und, wenn das nicht reicht, seinem zukünftigen Vermögen.
Darüber hinaus regelt die Berufsordnung: „Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, sich hinreichend gegen Haftpflichtansprüche im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit zu versichern.“ (§21 Musterberufsordnung – MBO-Ä 1997 – Fassung 2015)
Wer nicht seine gesamte berufliche, wie private Existenz aufs Spiel setzen will, sichert sich ausreichend ab.
Wer braucht eine Berufshaftpflichtversicherung Arzt
Für Fachärzte heißt es erst einmal „Kommt drauf an“. Es empfiehlt sich ein zweistufiges Vorgehen:
1. Erfassung aller ärztlichen Tätigkeiten, die im Laufe eines Jahres ausgeübt werden (Hauptberuf und Nebenjobs)
2. Anfrage an den Arbeitgeber, welcher Versicherungsschutz konkret über ihn besteht.
Erst mit diesen Informationen ist eine klare Empfehlung pro oder contra eigener Berufshaftpflicht-Vertrag möglich.
Für freiberufliche (Neben-)Tätigkeiten (z.B. Notarzt, KV-Dienste, Praxisvertretung, etc.) braucht ein Arzt immer eine eigene Berufshaftpflichtversicherung.
Gut zu wissen: Arbeitgeberregreß
Der Deutsche Gesetzgeber erlegt Arbeitgebern eine so genannte Freistellungspflicht auf. Das bedeutet: der Arbeitgeber muss den Angestellten von Schadenersatzforderungen Dritter freistellen, sprich: die Haftung übernehmen. Diese Freistellungsverpflichtung gilt für leichte und mittlere Fahrlässigkeit. Für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz muss der Arbeitgeber nicht einstehen.
Deshalb ist in den Tarifverträgen des Öffentlichen Dienstes geregelt, dass der Arbeitgeber, in Fällen grober Fahrlässigkeit, den Arbeitnehmer in Regress nehmen kann.
Das gilt gleichermaßen für Behandlungs- oder Aufklärungsfehler, wie für Schäden, die der Arbeitnehmer am Eigentum des Arbeitgebers verursacht. Z.B. wenn dem Arzt der Ultraschallkopf aus der Hand fällt und dieser ersetzt werden muss.
Die meisten Arbeitgeberanfragen zum Haftpflichtversicherungsschutz und zur Regressnahme greifen an dieser Stelle zu kurz. Es genügt nicht, zu fragen „nimmt der Arbeitgeber Regress?“, vielmehr muss zwischen den beiden vorgenannten Fällen differenziert werden.
Die gute Nachricht ist: es gibt Kliniken, die von sich explizit auf diesen Unterschied hinweisen und damit manch angestelltem Arzt möglicherweise einige hundert oder sogar tausend Euro Versicherungsprämie im Jahr sparen.
Was leistet eine Berufshaftpflichtversicherung?
Wichtige Inhalte
- ausreichende Deckungssumme (mind. 5 Mio EUR für Personen- / Sach- / Vermögensschäden)
- Versicherung der dienstlichen ärztlichen Tätigkeit in Abhängigkeit vom Versicherungsschutz des Arbeitgebers
- gelegentliche außerdienstliche Tätigkeiten (z.B. Erste Hilfe, ärztliche Freundschaftsdienste, KV- oder Notarztdienste, Gutachtertätigkeiten, ehrenamtliche Tätigkeiten, etc.)
- Weltgeltung des Versicherungsschutzes (wichtig für Urlaube, Dienstreisen)
- „Erweiterter Strafrechtsschutz“
- Nachhaftungsversicherung (für den Fall der Beendigung der ärztlichen Tätigkeit oder Tod)
Gut zu wissen
Wichtiger Bestandteil einer Berufshaftpflichtversicherung für Mediziner ist die so genannte Vorsorgeversicherung. Sie sorgt dafür, dass Sie bei einer Änderung des Risikos (z.B. Statuswechsel Medizinstudent-Arzt oder Arzt-Facharzt) Ihren Versicherungsschutz nicht verlieren. Das höhere Risiko ist bis zur nächsten Fälligkeit (Zeitpunkt der Beitragszahlung) mitversichert und muss dann dem Versicherer angezeigt werden. Dafür verschickt der Versicherer rechtzeitig zum Fälligkeitstermin entsprechende Fragebögen.
Aber Achtung: die Vorsorgeversicherung gilt nicht für Fachgebiete, die der Versicherer bedingungsgemäß nicht versichert!
Was ist nicht versichert?
z.B.: vorsätzlich verursachte Schäden; Behandlungen mit behördlich verbotenen Arzneimitteln; Schäden, die in den Aufgabenbereich des Kummunalen Schadenausgleiches oder anderer öffentlich-rechtlicher Träger fallen.
Was tun im Schadenfall?
- Informieren Sie immer zuerst Ihren Versicherer und stimmen das weitere Vorgehen mit ihm ab. Senden Sie diesem eine ausführliche Stellungnahme zu dem Behandlungsfehlervorwurf und die relevanten Patientenunterlagen in Kopie;
- Erkennen Sie keine Ansprüche an. Die Bewertung der maßgeblichen Situation und der daraus folgenden Ansprüche ist Aufgabe des Haftpflichtversicherers, bzw. von dessen spezialisierten Juristen und Gutachtern;
- Werden Sie aufgefordert, Patientenunterlagen herauszugeben, sind Sie verpflichtet, entsprechende Kopien gegen Erstattung von Kopierkosten zur Verfügung zu stellen (niemals Originale herausgeben, auch kein bildgebendes Befundmaterial);
- Fordert ein Dritter Unterlagen an, muss der Patient zuvor eine Schweigepflichtentbindung oder Vollmacht erklärt haben. Lassen Sie sich diese schriftlich vorlegen und machen Sie eine Kopie für Ihre Unterlagen.
Gut zu wissen
Bei der Schadenmeldung gehen persönliche Daten eines Anspruchstellers / Patienten niemanden ausser den Versicherer etwas an. Die Weitergabe von Patientendaten an Unbefugte (dazu gehören alle, die nicht beim Versicherer direkt angestellt oder von ihm mit der Schadenregulierung beauftragt sind) ist ein strafrechtlicher Verstoß (§ 203 StGB).
Schadenbeispiel
Infolge unterlassener Röntgenkontrolle verkennt ein Chirurg das Abkippen einer Unterarmfraktur, die in erheblicher Fehlstellung verheilt. Der 40jährige Fernfahrer wird berufsunfähig und muss umgeschult werden.
Bei einer Laparoskopie werden Nachbarorgane geschädigt.
Vermögensschaden:
Wegen eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses wird die Bewerbung eines Angestellten von einer Firma abgelehnt. Er bleibt längere Zeit arbeItslos. Der Arzt wird für den Verdienstausfall in Anspruch genommen.
Ein Patient wird nach einer ambulanten Operation nach Hause entlassen, wo er verstirbt. Die Angehörigen machen Schmerzensgeld, Beerdigungskosten und monatliche Unterhaltsansprüche geltend. Chirurg und Anästhesist sind in Beweisnot, weil sie die umfassende Abschlussuntersuchung nicht dokumentiert haben.
Vielen Dank an die HDI Versicherung AG, für die Bereitstellung der o.g. Schadenfälle.
Mythos oder Wahrheit?
„Haftpflicht leistet nicht bei grober Fahrlässigkeit“ … das ist natürlich Unsinn. Eine persönliche Haftpflichtversicherung leistet grundsätzlich bei allen Graden von Fahrlässigkeit. Genau dafür ist sie da.
Demgegenüber kann der Arbeitgeber regeln, dass er für grob fahrlässiges Handeln seiner angestellten Ärzte nicht einsteht.
Was ist sonst noch wichtig
In der Berufshaftpflichtversicherung ist es besonders wichtig, einen Versicherer an seiner Seite zu wissen, der über ausreichend Expertise in der Regulierung von Arzthaftungsschäden verfügt. Die Reputation des Arztes kann durch ein unprofessionell reguliertes Ereignis erheblichen Schaden nehmen.
Lassen Sie sich, nicht nur deshalb, bei der Auswahl von Versicherer und Vertragsgestaltung unbedingt von einem Experten beraten.